Lea­der – gebt den Mit­ar­bei­tern ihr Gehirn zurück!

Veröffentlicht am 14.04.2016
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Unglaub­li­che 92 Pro­zent der Unter­neh­men sehen ange­sichts der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on die Not­wen­dig­keit zur Reor­ga­ni­sa­ti­on, Umstruk­tu­rie­rung und Neu­auf­stel­lung. Und wie es bei Restruk­tu­rie­run­gen nun ein­mal üblich ist: Es wer­den Köp­fe rol­len. Hier­ar­chien sol­len fla­cher wer­den, Ent­schei­dungs­we­ge ver­kürzt und Pro­zes­se schlan­ker und vor allem agi­ler wer­den. Aber Moment mal…! Bedeu­te­tet das nicht…? Dass der Rot­stift dann vor allem beim Manage­ment ange­setzt wer­den müsste?

Betrach­tet man den hier­ar­chi­schen Auf­bau der Fir­ma Mor­ning Star, einer der größ­ten Toma­ten­spe­di­tio­nen der Welt, ist der Über­blick schnell ver­schafft. Sekun­den­schnell. Denn: Es. Gibt. Nichts.

  • kei­ne Manager
  • kei­ne Richtlinien
  • kei­ne Titel

Top-Down ist ein Fremd­wort bei Mor­ning Star. Als Fir­men­grün­der Chris Rufer die Spe­di­ti­on vor mehr als 40 Jah­ren grün­de­te, die seit­dem mit ihren Trucks Tag für Tag Kon­ser­ven­fa­bri­ken mit Ton­nen von Toma­ten belie­fert, stand er vor der Fra­ge: Wie die LKW-Fah­rer führen?

Lea­der: Füh­ren ohne Füh­rung – geht das?

Kei­ne der Hoch­glanz­theo­rien, die er in sei­ner Stu­di­en­zeit gelernt hat­te, lie­fer­ten im Fall Mor­ning Star Ant­wor­ten. Soll­te er sei­nen Tru­ckern einen Trai­ner an die Sei­te set­zen oder enge zeit­li­che Vor­ga­ben machen? Wie moti­viert wäre sei­ne Mann­schaft dann noch? Rufer beob­ach­te­te sei­ne Leu­te eine Wei­le und kam zu dem Schluss: „Ich über­las­se sie sich selbst.“

Rufer ver­trau­te ein­fach auf ihre Fähig­keit, sich selbst zu orga­ni­sie­ren. Eigent­lich ein ein­fa­cher Gedan­ke, der in Manage­m­ent­zir­keln aber vor rund einem Jahr­hun­dert abge­schafft wurde.

Lea­der: Die Kraft der Selbstorganisation

Bei Mor­ning Star hat es funk­tio­nert: Inzwi­schen arbei­ten in der Hoch­sai­son mehr als 2.400 Mit­ar­bei­ter in dem Betrieb. Gut, mögen Kri­ti­ker nun sagen. Das Unter­fan­gen hat geklappt, weil es sich „nur“ um min­de­re Arbei­ten han­delt. Die sind von Natur aus nun ein­mal leicht zu organisieren.

Die­sen Stim­men sei fol­gen­des ent­ge­gen geru­fen: War­um gestal­tet sich die geleb­te Rea­li­tät in der Mehr­zahl der Logis­tik- oder Lie­fer­be­trie­be dann dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setzt? Hier wer­den Leu­te mit Mini­mal­löh­nen abge­speist. Die Anfor­de­run­gen, die es der­weil zu erfül­len gilt, sind dage­gen maxi­mal hoch und bis ins kleins­te Detail vor­ge­ge­ben. Ganz so selbst­ver­ständ­lich scheint es also nicht zu sein, dass sich so genann­te „ein­fa­che“ Arbei­ten von selbst erledigen.

Lea­der: Mana­ger sind überflüssig!

Noch einen Schritt wei­ter geht in die­sem Zusam­men­hang der US-ame­ri­ka­ni­sche Unter­neh­mer Ben Cohen. In sei­nen Augen hängt der Erfolg des Prin­zips der Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on kei­nes­wegs von der Kom­ple­xi­tät ein­zel­ner Auf­ga­ben ab. Er ist über­zeugt: „Das Manage­ment ist nicht annä­hernd so not­wen­dig, wie es denkt.“ Bereichs­über­grei­fend wohlgemerkt!

Eine Erkennt­nis, mit der der Rufer nicht allein da steht. So kommt auch die Deloit­te Uni­ver­si­ty in einem aktu­el­len Paper über zeit­ge­mä­ße Füh­rung zu einem ein­deu­ti­gen Schluss:

„After three years of strugg­ling to dri­ve employee enga­ge­ment and reten­ti­on, impro­ve lea­der­ship, and build a meaningful cul­tu­re, exe­cu­ti­ves see a need to rede­sign the orga­niza­ti­on its­elf, with 92 per­cent of sur­vey par­ti­ci­pan­ts rating this as a cri­ti­cal prio­ri­ty. The „new orga­niza­ti­on,“ as we call it, is built around high­ly empowered teams.“

Von völ­lig neu­en Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren und sich selb­st ver­ant­wor­ten­den Teams ist auch hier wie­der­um die Rede… Die Abschaf­fung des Manage­ments – also doch nicht nur vor­be­hal­ten auf Unter­neh­men, die Toma­ten hin und her kutschieren?

Lea­der: Die Ent­ste­hung des top-down Gedankens

Offen­kun­dig nicht! Gehen wird noch­mal zurück in die Geschich­te des klas­si­schen Indus­trie­de­signs. Ent­wi­ckelt wur­de es in einer Zeit, in der Feh­ler teu­er waren und nur Füh­rungs­kräf­te über Infor­ma­tio­nen ver­füg­ten. Weil Kom­mu­ni­ka­ti­on vor der Ära von E‑Mail oder Smart­phone erheb­lich zäher von­stat­ten ging, mini­mier­ten Fir­men das Risi­ko von Feh­lern, indem Ent­schei­dun­gen von den weni­gen, die die Infor­ma­tio­nen hat­ten, getrof­fen wur­den. Sie gaben vor, der Mit­ar­bei­ter führ­te aus.

Heu­te, da Kom­mu­ni­ka­ti­on über den gan­zen Glo­bus hin­weg in Echt­zeit funk­tio­niert – dem mobi­len Inter­net sei Dank -, ist das anders. Wis­sen ist jeder­zeit ver­füg­bar. Hin­zu kommt, dass das Gross der Mit­ar­bei­ter erheb­lich bes­ser aus­ge­bil­det ist, als es die Arbei­ter vor 100 Jah­ren noch waren, die im Schnitt mit 14 oder in noch jün­ge­ren Jah­ren in Lohn und Brot stan­den. All das spricht dafür, Arbeit­neh­mern ihr Gehirn zurück­zu­ge­ben, sie an Ent­schei­dun­gen zu beteiligen.

Not­wen­dig ist das aber noch aus einem ganz ande­ren Grund gewor­den: Die Digi­ta­li­sie­rung beschleu­nigt alle Pro­zes­se. Nie war der Inno­va­ti­ons­druck für Fir­men so hoch. Schnel­le Erneue­rung oder Wei­ter­ent­wick­lung funk­tio­niert aber nur mit Mit­ar­bei­tern, die mit­den­ken und nicht von einem kom­ple­xen Hier­ar­chie­über­bau aus­ge­bremst wer­den. Und mehr als je zuvor haben sie das Zeug dazu.

Lea­der: Ein neu­es Orga­ni­sa­ti­ons­mo­dell muss her!

Und so ver­langt alles nach einem neu­en Orga­ni­sa­ti­ons­mo­dell, basie­rend auf der Vor­stel­lung, dass Men­schen intel­li­gent und moti­viert sind und nicht ver­wal­tet wer­den müs­sen. Damit das gelingt, bedarf es

  • Fla­cher Hierarchien
  • eine gemein­sa­me Entscheidungsfindung
  • Los­las­sen von Kom­man­do und Kontrolle

Der Gedan­ke ist nicht ein­mal neu. Seit Jahr­zehn­ten prak­ti­zie­ren Hun­der­te von sehr gro­ßen Unter­neh­men mit einer Beleg­schaft zwi­schen 5.000 und 65.000 Män­nern und Frau­en die­ses par­ti­zi­pa­ti­ve Modell. Und ihre Zahl wächst. Schnell sogar. Die­se Unter­neh­men zeich­nen sich aus durch die strik­te Abkehr von einer Steue­rung, die auf Befehl und Hier­ar­chien basiert.

Nicht zuletzt auch durch Ent­schei­dun­gen auf den Ebe­nen, auf denen die Arbei­ten durch­ge­führt wer­den. Letz­tes ist kein ganz blö­der Gedan­ke: Mög­lich wäre es ja, dass jene, die eine Idee ent­wi­ckeln und umset­zen auch bes­ser dar­über urtei­len kön­nen als die Eta­ge oben drü­ber… Aber das nur nebenbei.

[su_​box title=“→“ box_color=“#02632e“ radius=„0“ class=„spivbox“] Der Ein­stieg in ein neu­es Füh­rungs­de­sign ist nicht leicht. Star­tet man ihn aber in einem Pilot­be­reich im Klei­nen und berei­tet den Kul­tur­wan­del gut vor, indem die Geschäfts­füh­rung und Füh­rungs­käf­te aktiv in das Expe­ri­ment mit kla­ren inhalt­li­chen Ziel­vor­ga­ben und ver­bes­ser­ten Ergeb­nis­bei­trä­gen inte­griert wer­den, steht das Gelin­gen außer Frage.

Wir bera­ten Sie gerne:
https://​www​.con​tas​-kg​.de/​k​o​n​t​akt/
[/​su_​box]

Lea­der: Selbst­ver­ant­wort­li­che Teams…

Zurück zu den Teams, die sich in moder­nen Unter­neh­men selbst orga­ni­sie­ren. Mana­ger gibt es nicht, anfal­len­de Ver­wal­tungs­auf­ga­ben wer­den in der Abtei­lung auf­ge­teilt. Die­se Teams ent­schei­den selbst, wen sie anheu­ern … ober eben auch feu­ern. Sie dis­zi­pli­nie­ren sich selbst und legen die Mach­bar­keits­gren­zen für den eige­nen Erfolg fest.

Kurz­um: Die­se sich selbst füh­ren­den Teams machen alles, was ein Mana­ger frü­her auch getan hat, aber ver­teilt auf ver­schie­de­ne Per­so­nen. Wozu führt das? Cha­os? Anar­chie? Das Gegen­teil ist der Fall:

  • schnel­le­res Wachstum
  • bes­se­re Margen
  • höhe­re Produktivität
  • gerin­ge­re Personalfluktuation
  • bes­se­re Produkte

Wenn die­ses Design so erfolg­reich ist, war­um machen es dann nicht alle? Nun, der Mensch ist nun ein­mal ein Gewohn­heits­tier. Was seit mehr als hun­dert Jah­ren an Hoch­schu­len als der ein­zi­ge und bes­te Weg gelehrt wird, um Geschäf­te zu machen, wird nicht von heu­te auf mor­gen über Bord gewor­fen. Und natür­lich ist auch die Angst vor Kon­troll- und Macht­ver­lust eta­blier­ter Mana­ger nicht zu unter­schät­zen. Kei­ner sägt schließ­lich ger­ne am eige­nen Ast…

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