7 Fragen und Antworten zum Thema Arbeitswelten
Die langfristigen, strategischen Konsequenzen der Veränderungen der Arbeitswelt werden nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die gesamte Gesellschaft zu wenig diskutiert. Häufig ergeben sich neue Fragen rund um dieses Thema, die jedoch oft nicht angesprochen oder gestellt werden.
Unabhängig von der aktuellen Notwendigkeit von Home Office, durch die Pandemie, haben wir bei Contas schon seh viel länger immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass Arbeits- und Lebenswelten nicht getrennt betrachtet werden können. Wir gingen und gehen sogar noch einen Schritt weiter und behaupten: Arbeitswelt(en) = Lebenswelt(en)! In einigen Blogbeiträgen aus der Zeit vor der Corona Pandemie, können Sie mehr zu dieser Thematik erfahren.
Wir wollen Ihnen im folgenden auf ein paar Ihrer Fragen Antwort geben und Ihnen und Ihrem Team mögliche Wege und Lösungsansätze für neue Arbeitswelten aufzeigen.
1. Wie sieht die neue Arbeitsorganisation in der Zukunft aus?
Diese interessante Frage lässt sich nicht pauschal für alle Beschäftigten gleich beantworten. Arbeit wird in Zukunft, je nach Aufgabenbereich, sehr unterschiedlich aussehen. In der Industrie wird sich z.B. für die Mitarbeiterin an der Montagelinie nicht so viel ändern. Hier wird weiterhin Präsenz gefragt sein und auch die Arbeit wird sich weiterhin hinsichtlich der zeitlichen Taktung stark nach der Produktion richten. Dennoch werden wir selbst in diesen Bereichen starke Flexibilisierungstendenzen beobachten können.
Für viele andere „Bürotätigkeiten“ wird man in Zukunft auf ergebnisorientiertere Steuerung setzen. Wann und wo eine Arbeitsaufgabe erledigt wird, wird immer unwichtiger und demnach von den Mitarbeiter*innen frei wählbar sein. Zumindest dann, wenn dies rechtzeitig und in ausreichender Qualität geschieht. Je mehr unsere Arbeitsaufgaben aber Schnittstellen zu anderen Aufgaben haben, desto komplexer wird die Abstimmung. Hier können dann jedoch unterstützende Softwarelösungen helfen.
2. Wie kann man Homeoffice und Arbeitsschutz zusammenbringen?
Der Situation geschuldet, dass von heute auf morgen viele Mitarbeitende durch Corona ins Homeoffice geschickt wurden, ist das Thema Arbeitsschutz bisher zu kurz gekommen. Auch wenn es durch Covid 19 in einigen Bereichen still geworden ist, hat das Arbeitsschutzgesetz mit all seinen zusätzlichen Verordnungen keine Verschnaufpause eingelegt und gilt weiterhin.
Doch Nur ein kleiner Teil von Mitarbeitenden hatte Zugriff auf einen vorab eingerichteten Telearbeitsplatz, der allen Maßgaben der Arbeitsstättenverordnung und des Arbeitsschutzgesetzes gerecht wird. Wenn Unternehmen nun das Thema Homeoffice unter dem Label „Smart Work“ oder „Mobile Work“ vorantreiben und Büroflächen im großen Stil abbauen, müssen all diese Themen aber mitgedacht werden. Mitarbeiter*innen werden zuhause langfristig nur dann produktiv sein, wenn sie dort in allen Belangen gut ausgestattete Arbeitsplätze zur Verfügung haben. Es muss im Interesse der Unternehmen sein, die Mitarbeitenden dabei finanziell zu unterstützen. Räumlich wird dies nicht immer gehen, dann kommen Konzepte wie dezentralere Co-Working-Arbeitsplätze in Frage.
Exkurs: Arbeitsschutzgesetz
Beispiele für Verordnungen
Das Arbeitsschutzgesetz wurde auf Grundlage von EU-Richtlinien zum Arbeitsschutz umgesetzt. In Kraft getreten ist das derzeitige Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) in Deutschland am 21. August 1996. Das Gesetz zum Arbeitsschutz in Deutschland bildet die rechtliche Grundlage für den Arbeitsschutz. In diesem sind alle Maßnahmen zusammengefasst, um die Beschäftigten vor arbeitsbedingten Gesundheits- und Sicherheitsgefährdungen zu schützen. Darüber hinaus hat der Arbeitsschutz das Ziel, die Arbeit menschengerecht zu gestalten.
Durch das Arbeitsschutzgesetz wird der Arbeitgeber dazu verpflichtet, Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und über notwendige Schutzmaßnahmen zu entscheiden. In regelmäßigen Abständen muss der Arbeitgeber die Beschäftigten zum Arbeitsschutz belehren. Des Weiteren muss er laut ArbSchG Vorkehrungen für besonders gefährliche Arbeitsbereiche und Arbeitssituationen treffen.
Neben dem Gesetz gibt es einige Verordnungen. Im Gegensatz zu Gesetzen werden Verordnungen von der ausführenden Gewalt, durch die Verwaltung, erlassen. Die Grundlage für eine Verordnung ist eine durch ein förmliches Gesetz erteilte Ermächtigung. Beispiele für entsprechende Verordnungen:
- Gefahrstoffverordnung
- Arbeitsstättenverordnung
- Betriebssicherheitsverordnung
- Strahlenschutzverordnung
- Energieeinsparverordnung
- Störfallverordnung
3. Wie kann die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit im Homeoffice erhalten werden?
Für uns ist die Arbeitswelt ein Teil der Lebenswelt Das heißt man darf die beiden Welten nicht getrennt voneinander betrachten. Das heißt jedoch nicht, das man Arbeit und Freizeit nicht von einander trennen darf/soll/kann! Im Gegenteil. Wir wissen aus der Forschung seit langem, dass Menschen unterschiedliche Segmentationspräferenzen haben. Es gibt die Integrierer, die wollen Arbeit und Freizeit gar nicht fix trennen, sondern kommen mit Überlappungen gut zurecht. Diejenigen aber, die Arbeit und Freizeit strikt trennen wollen, haben durch das Homeoffice zunächst ein Problem. Die Arbeit ist meist sichtbar und immer in der Nähe. Soweit es eben nur geht, sollte man hier Trennungen herbeiführen: Die Arbeit, wenn vorhanden, in ein reines Arbeitszimmer auslagern, sich selbst klare Arbeitszeiten geben, mobile Geräte wegen der Erreichbarkeit nach der erledigten Arbeit ausschalten und aus dem Weg räumen, Pausen als Erholung von der Arbeit gestalten, usw.
4. Wie sieht Führung künftig aus und was muss sich ändern?
Viele Führungskräfte haben auch schon bisher verteilte Teams geführt, ohne diese permanent zu sehen. Schon vor zehn Jahren setzten zwei Drittel der internationalen Unternehmen virtuelle Teams ein. Für andere Führungskräfte ist dies aber neu. Insgesamt wird also das Thema „Führung aus Distanz“ deutlich wichtiger. Führungskräfte sollten darauf achten, dass sich ihre Mitarbeiter*innen auch im virtuellen Raum gleichberechtigt fühlen, dass die Zielsetzung von Anfang an klar ist, dass eine positive Atmosphäre herrscht und Vertrauen aufgebaut wird. Es ist auch darauf zu achten, dass bei den Mitarbeitenden ausreichende Technikkompetenzen und ‑affinitäten vorliegen. Aus der Forschung wissen wir zudem, dass nach Phasen der reinen „Remote-Kommunikation“ auch wieder Face-to-Face-Treffen und Konfliktlösungen notwendig sind, um die Effektivität von virtuellen Teams zu steigern. Einige Forscher*innen gehen davon aus, dass Führung aus Distanz „inspirierende“ Führungskräfte benötigt.
5. Was sind die Vorteile von Home Office?
Vorteile ergeben sich auf beiden Seiten, beim Unternehmen und bei den Mitarbeitenden. Unternehmen profitieren durch die Einsparung von Büroarbeitsplätzen, durch die teils höhere Produktivität von Mitarbeitenden und dadurch, dass sie mit dem Angebot von Homeoffice als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Mitarbeitende können durch das Homeoffice Privat- und Berufsleben meist besser vereinbaren und sparen sich insbesondere die täglichen Pendelzeiten in die Arbeit.
Nicht alle Arbeitsgruppen und Beschäftigte profitiert gleichermaßen von der neuen digitaleren Arbeitsweise. Vor allem besserverdienende Mitarbeitende mit unstrukturierten und kreativen Tätigkeiten, die dadurch hohe Freiheitsgrade erlangen und ihre Arbeit zeitlich und örtlich hoch flexibel erledigen können, ohne dabei überwacht zu werden, und die aufgrund ihres Einkommens eine entsprechende Infrastruktur für das digitale Arbeiten herstellen können profitieren in der Regel am meisten. Daran sieht man aber leider auch, dass Homeoffice auch weiter für viele andere Berufsgruppen (z.B. industrielle Fertigung, personenbezogene Dienstleistungen) nicht möglich sein wird. Es zeichnet sich hier eine gewisse Zweiteilung der Arbeitsgesellschaft ab, womit wir bereits zur nächsten Frage nach den Nachteilen im Home Office kommen.
6. Was sind die Nachteile von Home Office?
In den aktuellen Studien sehen wir, dass der größere Teil der Mitarbeitenden mit Homeoffice zufrieden ist. Trotzdem müssen wir die Nachteile und Herausforderungen im Blick behalten. Eine Gefahr ist die soziale Isolation, die Mitarbeitende verspüren können.
Arbeit ist ein zentraler sinnstiftender Teil des Lebens und Kolleginnen und Kollegen sind wichtige soziale Bezugspunkte für viele Menschen. Aus dem Homeoffice fällt aber gerade der informelle, soziale Kontakt schwer. Zudem gibt es Mitarbeitende, für die das Homeoffice sehr belastend ist, da die räumliche Infrastruktur nicht gegeben oder auch die technische Ausstattung unzureichend ist. Je nach Art der Aufgaben, die man zu bewältigen hat, wird es auch im Homeoffice schwerer sein, Führungskräfte von der eigenen Leistung zu überzeugen.
Andere Mitarbeitende werden dagegen über Softwarelösungen kleinteilig leistungsüberwacht, es kommt zu einem sogenannten digitalen Taylorismus, der langfristig nicht motivierend sein wird.
Ein weiterer Nachteil ist die bereits erwähnte Zweiteilung der Arbeitsgesellschaft, die durch Home Office entstehen kann. Weil die Machbarkeit und schließlich auch die Umsetzung sehr stark von Arbeit, Berufsgruppe, Unternehmen, Arbeitgeber*in und auch von den jeweiligen Führungskräften abhängig ist und in vielen Berufsgruppen sogar gar nicht erst möglich ist. Für dieses Problem der Zweiteilung der Arbeitsgesellschaft müssen wir alle und die Politik nach Lösungen suchen.
7. Wird es ein Zurück zur Präsenzkultur geben oder wird Arbeiten aus dem Homeoffice zur neuen Normalität?
Homeoffice wird nicht mehr als Ausnahme empfunden werden und somit Teil einer neuen Normalität. Wir werden aber gleichzeitige andere Arbeitskonzepte, wie z.B. Co-Working-Spaces, sehen, und auch die Rückkehr in das Büro und an andere Arbeitsstätten wird parallel stattfinden, denn ganz auf persönlichen Austausch werden wir nicht verzichten können. Die Arbeitswelt wird somit noch etwas differenzierter aussehen als bisher. Man könnte auch darüber spekulieren, dass es in einigen Berufsfeldern immer weniger Angestellte gibt, sondern stattdessen die Arbeit von Solo-Selbstständigen erledigt wird.
Denn das Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen wird durch Homeoffice schleichend abgebaut.